Zuhause und im Büro die Chefin: Mompreneurs
In der neusten Ausgabe des WIR KAUFLEUTE findet ihr ein spannendes Interview mit Corinne und Roberta. Dabei erzählen die Mompreneurs, wie sie den Alltag meistern und welche schöne Erfahrungen sie mit Stadtlandkind schon machen durften.
Von Erika Suter. Mamis, die sich mit der eigenen Geschäftsidee selbstständig machen, sind auf dem Vormarsch: 2013 wurde jedes vierte Unternehmen in der Schweiz von Frauen ins Leben gerufen, viele davon von Müttern. Das Konzept «Mompreneur» – Mutter und Unternehmerin in einem – scheint eine gute Alternative, um auch nach der Geburt der Kinder arbeitstätig zu bleiben, wenn die Wirtschaft eben grad nicht das passende, flexible Arbeitsmodell bietet. Die beiden Mompreneurs Roberta Zingg und Corinne Müller erzählen, wie ihr eigener Onlineshop für Kindermode gross geworden ist.
Roberta Zingg, warum haben Sie sich selbstständig gemacht? Roberta Zingg: Die Idee des eigenen Webshops reifte, während Corinne und ich gleichzeitig mit unserem ersten Kind schwanger waren. Wir wollten unbedingt versuchen, unseren Traum vom eigenen Business mit dem Traum einer Familie zu vereinbaren.
Sie erhielten die Möglichkeit, Ihren Job nach der Geburt Ihres Kindes im Jobsharing auszuführen. Warum hat das nicht funktioniert? Ist Jobsharing keine gute Lösung?Roberta Zingg: Doch! Nach dem ersten Mutterschaftsurlaub war es für uns die ideale Lösung und wir sind froh, hatten wir damals schon so fortschrittliche Arbeitgebende. Nach der Geburt des zweiten respektive zweiten und dritten Kindes wollten wir es dann aber doch wagen – wir machten uns selbstständig.
Wie ging das vor sich – wie wurde ihr «Geschäftsbaby» geboren? Corinne Müller: Wir haben seit Jahren über diesem Entwurf für einen Kinderkleidershop gebrütet – anfangs waren es nur Ideen, Träumereien, Fantasien, ohne konkreten Plan. Aber nach und nach fanden unsere Gedanken einen Rahmen und wir konkretisierten das Ganze in einem Businessplan, mit einer Markt- und Konkurrenzanalyse, Finanzplanung und allem was dazu gehört.
Was war die grösste Hürde? Roberta Zingg: Die Finanzierung. Wir wollten kein Fremdkapital, um zu hundert Prozent eigenständig zu sein. Also haben wir unsere Familienersparnisse in unsere Geschäftsidee investiert – kein einfacher Entscheid, aber für uns der einzig richtige.
Warum ein Kinderkleidershop? Corinne Müller: Was Qualität und Stil eines Kinderkleidershops betraf, gab es noch nichts Vergleichbares – stadtlandkind.ch war die logische Konsequenz.
Ohne jetzt Zahlen präsentieren zu müssen – läuft’s gut? Roberta Zingg: Wir sind sehr zufrieden, die Zahlen liegen über dem Budget. Dass uns anfangs Mai der «Swiss E-Commerce Newcomer Award» verliehen wurde, bestätigt zudem unsere Zuversicht: Wir sind auf dem richtigen Weg.
Haben Sie sich die Selbstständigkeit anders vorgestellt? Corinne Müller: Nein. Wir wussten, dass es intensiv wird ...
Das klingt nicht, als würden sie weniger arbeiten als früher ... Corinne Müller: Wir arbeiten klar mehr als in einem Angestelltenverhältnis. Pro Tag sind wir beide sechs bis acht Stunden für stadtlandkind.ch tätig. Die Stunden verteilen sich jedoch auf Randzeiten, die Abende, Wochenenden. Der Luxus ist, dass wir uns die Zeiten selber einteilen können. Das heisst aber auch: weniger Schlaf, weniger Freizeit.
Und was ist dank dem eigenen Geschäft besser geworden, in Bezug auf Beruf und Familie? Roberta Zingg: Wir sind flexibel und arbeiten für uns selber. Das ist wohl das Schönste am eigenen Geschäft: Man weiss, wofür und für wen man es macht.
Was ist schwieriger geworden? Roberta Zingg: Das Zeitmanagement. Mit stadtlandkind.ch ist es wie mit einem neuen Familienmitglied: Man muss es neu in der Familie integrieren und ihm einen Platz geben. Es gehört dazu und es beansprucht Zeit. Aber es muss auch lernen zu warten.
Bleibt denn überhaupt genügend Zeit, um Ihre Kinder selbst zu betreuen Corinne Müller: Wir betreuen unsere Kinder bis auf wenige Stunden pro Woche selber. Die kleinsten Drei kommen diesen Sommer in den Kindergarten, die grossen Zwei besuchen die erste Klasse und sind zumindest vormittags ausser Haus. Bei wichtigen Terminen oder wenn viel Arbeit tagsüber anfällt, springen die Grosseltern und die Schwägerin gerne ein. Sie sind ein unverzichtbarer Teil von stadtlandkind.ch. Ebenso wie unsere Ehemänner übrigens.
Und wie steht es um die Zeit für sich selbst – bleibt da noch was übrig? Roberta Zingg: Ganz ehrlich: Im Moment eher nicht. Aber wir nehmen uns sehr bewusst immer wieder Zeit für uns. Das ist wichtig, um Energie und Kraft zu tanken. Wobei die Leidenschaft für unser Projekt uns sicher die meiste Energie liefert.
Wie sehen Sie das: Bietet die Schweiz für Mütter respektive Eltern mit Kindern genügend flexible Arbeitsmodelle? Roberta Zingg: Natürlich wäre es wünschenswert, wenn mehr Teilzeitstellen – vor allem auch für Väter – realisierbar wären. Hier entstünden ganz neue Chancen für beide Elternteile, sich der Familienzeit zu widmen und gleichzeitig im Berufsleben zu entfalten.
Haben Sie das Gefühl, dass Sie als Mütter mit eigener Firma ernst genommen werden? Oder heisst es eher: Ach, da sind wieder ein paar Mamis, die sich selbst verwirklichen wollen ... Roberta Zingg: Wir haben uns eine Branche ausgewählt, die von Müttern dominiert wird. Die meisten Labels, die wir auf stadtlandkind.ch repräsentieren, sind von Frauen gegründet worden, die sich nach der Familiengründung selbstständig gemacht haben. Wir unterstützen auch bewusst solche kleinen Firmen – das heisst, man unterstützt sich gegenseitig. Also ja: Wir werden ernst genommen und nehmen ernst.